Frieden

Frieden

Quäkerinnen und Quäker stellen sich gegen alle Formen von Gewalt und Krieg. Um langfristigen und wirklichen Frieden zu erreichen, bearbeiten sie die Ursachen von Konflikten – Armut, Ausbeutung, Intoleranz, Ungleichheit, Ungerechtigkeit. Sie verweigern die Beteiligung an gewaltvollen Auseinandersetzungen und suchen nach Versöhnung und Veränderung. Dabei verstehen sie Frieden nicht nur als die Abwesenheit von Krieg, sondern als einen Zustand, in dem die positiven Kräfte jedes Menschen genährt werden und zu Veränderung beitragen.
Aus diesem Grund erhielten die Quäker-Hilfswerke 1947 den Friedensnobelpreis.

“Ein guter Zweck kann keine üblen Mittel heiligen; noch dürfen wir je Böses tun, damit Gutes daraus entstehe […] Lasst uns also versuchen, was Liebe erreichen kann: Denn wenn Menschen einmal gesehen haben, dass wir sie lieben, werden wir bald he­rausfinden, dass sie uns nichts zuleide tun wollen. Gewalt kann wohl un­terwerfen, aber Liebe gewinnt.”

— William Penn, 1693, Quäker Glaube und Wirken 24.03

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Bilder von der Mahnwache deutscher Quäkerinnen und Quäker vor dem Atomwaffenstützpunkt Büchel, Juli 2017.

Das historische Friedenszeugnis aktualisieren

1660 gaben die Quäkerinnen und Quäker in England eine Erklärung gegenüber Charles II. ab, die als das “historische Friedenszeugnis” gilt. Darin heißt es: „Allen Krieg und Streit sowie Kampf mit äußeren, verletzenden Waffen, gleich zu welchem Zweck und unter welchem Vorwand, lehnen wir entschieden ab. […] Der Geist Christi, von dem wir geführt werden, ist nicht wandelbar, so dass er uns einmal von etwas als schlecht abhält und uns ein anderes Mal gebietet, es doch zu tun; wir wissen sicher und bezeugen es der Welt, dass der Geist Christi, der uns zur Wahrheit weist, uns nie veranlassen wird, gegen irgendjemanden mit verletzenden Waffen zu kämpfen – nicht für sein Reich und auch nicht für die Reiche dieser Welt. […] Unsere Waffen sind geistig und nicht materiell. Unsere Schwerter sind zerbrochen zu Pflugscharen und unsere Speere zu Sicheln, wie es prophezeit worden ist. Daher können wir nicht länger Krieg erlernen, noch uns mit verletzenden Waffen wehren (Micha 4,3)… Was immer wir von den Menschen an guten Taten erwarten, das wollen wir ihnen tun.” Heute fühlen wir uns dieser Erklärung verpflichtet. Es ist unsere Aufgabe, uns immer wieder der Herausforderung zu stellen, die in diesen Worten liegt. Ein Zeugnis auf Papier ist nichts wert – wir müssen es aktualisieren und leben. Daher war die Erklärung von 1660 auch nicht Ausgangspunkt für die Friedenstaten der Quäkerinnen und Quäker, etwa den Einsatz für die Wehrdienstverweigerung, sondern der begriffliche Ausdruck einer bis heute wirksamen religiösen Auffassung, die ihren Auftrag in dem ständigen Bemühen sieht, das Liebesgebot in Zuneigung, Wärme, Sanftheit, Solidarität und Versöhnungshaltung zu verwirklichen und so immer wieder neu zu einer Praxis der Menschenliebe zu kommen.
Das Friedenszeugnis könnte man daher definieren als die Summe all dessen, was wir Quäkerinnen und Quäker tun, um Frieden zu befördern, sei es im privaten, in der Gesellschaft oder in politischen Zusammenhängen.

Friedenskirche sein

Zusammen mit den Brethren und den Mennoniten bilden die Quäker die historischen Friedenskirchen: Religiöse Gemeinschaften, die den Frieden zentral in ihrem Wirken, aber auch in ihrem Glauben betrachten und einer Friedenstheologie folgen.
Wie die anderen Zeugnisse baut auch das Friedenszeugnis auf der Quäkererfahrung und -überzeugung auf, dass in allen Menschen gleichermaßen “das von Gott“ ist. Das bedeutet nicht, dass Quäkerinnen und Quäker die Existenz des Bösen ignorieren. Aber sie glauben, dass wir Feuer nicht mit Feuer bekämpfen können, das Böse nicht mit den Waffen des Bösen. Stattdessen versuchen sie, auf das Gute in jedem Menschen zu antworten und es dadurch zu nähren und zu stärken. Es gibt dafür bessere ”Waffen“ als solche, die töten, strafen oder ängstigen und Konflikte somit verschärfen: Liebe, Wahrhaftigkeit, Gewaltfreiheit, Phantasie, Lachen… heilen und erweitern unsere Handlungsmöglichkeiten anstatt zu töten und zu eskalieren. Theologisch gesprochen geht es darum, dem Guten zu erlauben, durch uns mit dem von Gott in jenen, mit denen wir in Konflikt stehen, in Kommunikation zu treten.

Das Friedenszeugnis im Alltag leben

Quäkerinnen und Quäker sind immer wieder in Situationen geraten, in denen das Friedenszeugnis sie vor große und schwierige Entscheidungen stellt, etwa in der Verweigerung des Kriegsdienstes. Frieden leben ist aber nicht nur in Kriegszeiten unser Ziel, sondern auch im Alltag: in unseren Beziehungen, in der Familie und am Arbeitsplatz. Wir sind aufgefordert, Beziehungen – persönlich, internationale, politische – zu bauen und zu stärken, so dass sie im Konfliktfall stark genug sind um durchzuhalten, bis wir eine gerechte und liebevolle Lösung gefunden haben. Wir sind aufgefordert, Strukturen und Beziehungen, die ungerecht sind, zu beenden oder zu verändern. Das bedeutet auch, dass Frieden, Versöhnung, soziale und ökologische Gerechtigkeit miteinander verbunden sind. Wenn wir Konflikte nicht mit Gewalt niederschlagen, sondern langfristig beilegen wollen, müssen wir an den Ursachen der Konflikte arbeiten – und das können wir jeden Tag im Kleinen tun.
Damit bedeutet das Friedenszeugnis zwar eine Richtschnur und einen praktischem Imperativ, nimmt uns aber nicht ab, immer wieder von Neuem zu fragen, wie weit wir gehen können, wollen und müssen, um unsere Überzeugung zu leben.

“Beim Friedenszeugnis geht es um Taten, nicht um Glaubensbekenntnisse; nicht um Floskeln, sondern um eine Art zu leben. Es ist das gesammelte, gelebte Zeugnis von Generationen von Quäkern […] Das Friedenszeugnis handelt nicht davon, nett zu anderen Menschen zu sein und so zu leben, dass jeder uns mag. Es wird ein Stolperstein bleiben und als solcher Spannung und Meinungsverschiedenheiten verursachen.
Das Friedenszeugnis ist eine harte Forderung, dass wir nicht automatisch die Kategorien, Definitionen und Prioritäten der Welt übernehmen sollten. Wir richten uns nach dem Geist, nicht nach verpflichtenden, hypothetischen Erklärungen. Das Friedenszeugnis wird heute in dem gesehen, was wir, einzeln und gemeinsam, mit unserem Leben bewerkstelligen. Wir beten für die Mitwirkung des Geistes in uns, damit wir für eine gerechtere Welt arbeiten mögen. Wir müssen lernen, nicht Krieg, sondern Frieden zu führen.“

— London Yearly Meeting, 1993, Quäker Glaube und Wirken 24.11

 

Frieden führen

Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg – aber in dieser Welt sind wir an Gewalt bereits so gewohnt, dass es uns schwerfällt, uns eine Welt ohne Krieg vorzustellen, und für eine positive Vorstellung von Frieden fehlen uns oft die Ideen.
Quäkerinnen und Quäker versuchen daher, positive Konzepte des Friedens zu denken: Dazu gehört die Gewaltfreiheit, die nicht nur passiver Gewaltverzicht, sondern die aktive Erarbeitung von Lösungsstrategien ist. Auch die Idee der Gütekraft (abgeleitet vom ‘Satyagraha’ Gandhis) wird unter Quäkerinnen und Quäkern aufgenommen und weiterentwickelt.
Auf praktischer Ebene heißt das auch, dass das Friedenszeugnis nicht nur zum Widerstand gegen Gewalt und zu gewaltfreier Aktion verpflichtet, sondern zur kreativen, aktiven und spirituell geführten Suche nach anderen Formen der Kommunikation, des Zusammenlebens, der Konfliktlösung und der Versöhnung auffordert. Dies gilt im alltäglichen Miteinander ebenso wie auf gesellschaftlicher Ebene, und ist ein Grund dafür, dass sich viele Quäkerinnen und Quäker für Zivile Friedensdienste einsetzen oder als Friedensfachkraft die Alternative zur Gewalt leben.

Im Juli  2018 brachten Mitglieder der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker)
ihren Protest gegen die in Büchel gelagerten Atomwaffen deutlich zum Ausdruck. Presse-Mitteilung 16.7. (PDF), Presse-Mitteilung 23.7. (PDF)